Presseaussendung: Ein zweifelhaftes (Theater-)Stück an unseren Universitäten
Die Katze ist aus dem Sack und mit ihr die detaillierten Pläne für eine neue Version des Universitätsgesetzes. Für die Unabhängigen Fachschaftslisten Österreichs (FLÖ) kommen zwar einzelne gute Ansätze vor, leider überwiegen aber die negativen Aspekte, die es zu kritisieren gilt.
Zuerst stechen dabei Änderungen an den Kompetenzen der Senate heraus: Im Universitätsgesetz 2002 war das Rektorat für Einrichtung und Auflassung von Studien, für die grundlegende inhaltliche Ausrichtung der Lehre anhand des Entwicklungsplans und für die Finanzierbarkeit aller Studien zuständig. Die Ausgestaltung der Studien lag aber rein beim Senat und seinen fachspezifischen Kollegialorganen. Mit der neuen Regelung erhält das Rektorat nun auch eine “Richtlinienkompetenz” für Curricula und damit noch weitergehende Durchgriffsrechte als bisher. “Mit dem vorliegenden Absatz werden die Rechte von Universitätsangehörigen weiter beschnitten und stattdessen in die Hände der Rektorate gelegt. Das macht Universitäten nicht nur weniger demokratisch, sondern eröffnet auch der Regierung mehr Einfluss auf die Studienlandschaft.”, so Desmond Grossmann, ehemaliger stellvertretender Vorsitzender der ÖH.
Ebenso problematisch ist die geplante “Verschlankung” bei einer möglichen Wiederwahl der*des Rektor*in. Bisher war dieses vereinfachte Verfahren dann möglich, wenn sich sowohl Universitätsrat, als auch Senat mit ⅔‑Mehrheit für eine weitere Amtsperiode ausgesprochen haben. Nun soll der Senat als demokratisch gewählte Vertretung von Universitätsangehörigen aus diesem Schritt entfernt werden. Damit wäre es in Zukunft möglich, dass Rektor*innen ohne Rückhalt in der Universität und ohne öffentliche Ausschreibung weitere vier Jahre die Leitung der Universität fortführen. Stattdessen erfolgt die Legitimierung rein durch den Universitätsrat, dessen Mitglieder knapp zur Hälfte von der Regierung entsandt werden. Damit werden Universitäten erneut dem direkten Einfluss der Politik ausgesetzt. Dem Anspruch selbstorganisierter und freier Universitäten wird diese Änderung nicht gerecht.
Besonders negative Auswirkungen auf den Studienalltag haben die angedachten Änderungen im Studienrecht. In den letzten Wochen hat sich die öffentliche Debatte dabei insbesondere um die Einführung einer Mindeststudienleistung gedreht. Im Entwurf sind 24 ECTS innerhalb von zwei Studienjahren vorgesehen – sonst droht die Exmatrikulation. Während dies für Studierende, die sich Vollzeit auf ein einziges, sinnvoll gestaltetes Studium konzentrieren können, tatsächlich wie eine vergleichsweise niedrige Zahl erscheint, gilt das so leider nicht für andere große Teile der österreichischen Studierendenlandschaft: “Berufstätige, Eltern und andere Studierende mit Betreuungspflichten, sowie Personen mit psychischen Problemen müssen in Zukunft fürchten, bei zu wenig Fortschritt ihr Studium die nächsten 10 Jahre lang nicht mehr studieren zu dürfen.”, so Desmond Grossmann. Zusätzlich stellt das Vorhaben eine Einschränkung von Lernfreiheit sowie ein Verlust der Flexibilität im Studium dar. Ebenfalls befürchtet die FLÖ durch die Einführung einer Mindeststudienleistung eine Beschränkung von Mehrfachstudien durch die Hintertür, da die 24 ECTS pro Studium erbracht werden müssen – was bei mehreren Studien schnell unmöglich wird und eine Gefahr für die Inter- und Transdisziplinarität im tertiären Bildungsbereich bedeutet.
Zusätzliche Schärfe entsteht dadurch, dass negative Bewertungen und verspätet korrigierte Prüfungen nicht in die Studienaktivität einfließen. Das Semesterende wird so schnell zur Qual, wenn das Zeugnis nicht fristgerecht eintrudelt und das Damoklesschwert der Exmatrikulation über einem schwebt. Dass sich neben Qualität und Strukturierung allein schon die Möglichkeit zu hinreichendem Studienfortschritt zwischen einzelnen Studien stark unterscheidet, zeigt die Sonderauswertung Studierbarkeit der Studierenden-Sozialerhebung 2019. Zumindest beinhaltet die Novelle hier den Ansatz, den Arbeitsaufwand pro ECTS-Credit besser zu vereinheitlichen. Die Konsequenz Ausschluss aus dem Studium dient aber allein der Bereinigung von Statistiken und nimmt keine Rücksicht auf die Lebensrealität der Betroffenen.
Zusammengefasst werfen viele der geplanten Änderungen kein gutes Licht auf die Vorhaben der türkis-grünen Regierungskoalition. In den nächsten Wochen werden die Unabhängigen Fachschaftslisten Österreichs auf den Social Media-Kanälen weiterhin über verschiedene Teilaspekte der Novelle berichten. Die FLÖ wird sich auf allen Ebenen für Verbesserungen im Studienrecht einsetzen.